Der 26-jährige Berater weiß aus eigener Erfahrung, worauf es ankommt: Er ist selbst Rollstuhlnutzer und setzt sich mit seinem Beratungsangebot gezielt für mehr Barrierefreiheit und Inklusion in der Hotellerie ein. Im Interview spricht er über häufige Hindernisse, praktische Lösungen, gesetzliche Rahmenbedingungen – und darüber, warum echte Teilhabe in Hotels nicht teuer, aber enorm wertvoll ist.
Wer sind Sie, was machen Sie und was motiviert Sie persönlich, sich für Barrierefreiheit in der Hotellerie einzusetzen?
Mein Name ist Leon Fuchs, ich bin 26 Jahre alt und im täglichen Leben auf einen Rollstuhl angewiesen. Seit 2023 biete ich für Hotels, Kultureinrichtungen und Einzelunternehmen Beratung in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion an. Mein Ziel ist es die Möglichkeit der Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen im öffentlichen Leben zu verbessern und damit zu einem inklusiven Leben in Deutschland beizutragen.
Was sind aus Ihrer Sicht die häufigsten Barrieren, denen Gäste mit Einschränkungen in Hotels begegnen?
Die häufigsten Barrieren in Hotels ergeben sich aus den baulichen Gegebenheiten. Zugänge zu den Hotels sind oft nicht ebenerdig, es ist kein Fahrstuhl zu oberen Etagen vorhanden oder der vorhandene Fahrstuhl ist zu beengt. Es gibt keine ausreichend großen Zimmer für Rollstuhlfahrer. Oft fehlen hier auch ausreichend große Nasszellen mit behindertengerechten Sanitärobjekten. Durchgänge in den Räumlichkeiten sind oft zu schmal, visuelle Kontraste oder Leitsysteme für seheingeschränkte Personen fehlen zumeist.
Welche Aspekte werden in der Hotellerie häufig übersehen, wenn es um barrierefreie Gestaltung geht?
Häufig werden verschiedene Aspekte in der barrierefreien Gestaltung übersehen. So bedeutet ein Zugang ohne Treppenstufen nicht gleichzeitig Barrierefreiheit, wenn dieser zu schmal ist oder anderweitig Stufen im Innenbereich für Rollstuhlfahrer nicht überwindbar sind. Oft bietet der Rezeptionsbereich keine Wendemöglichkeit, für die Durchgänge werden die unterschiedlichen Breiten von Rollstühlen nicht bedacht. Auch die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder ein Parkplatzangebot in Hotelnähe sind von großer Bedeutung.
Welche Zielgruppen sollte ein Hotel mit barrierefreier Gestaltung im Blick haben – über Rollstuhlnutzer:innen hinaus?
Körperlich eingeschränkte Menschen bilden nur einen Teil der potenziellen Nutzer von Hotels, die sich mehr Barrierefreiheit wünschen. Der Anteil von seh- oder höreingeschränkten Menschen in der Gesellschaft steigt mit zunehmender Lebenserwartung. Auch die große Zahl von Senioren, die Rollatoren nutzen oder Familien mit Kleinkindern profitieren von Barrierefreiheit in Hotelbetrieben. Um Reisen für alle Menschen möglich und Inklusion in Deutschland lebendig zu machen, bedarf es Hotels, die keine Besucher ausgrenzen, sondern ein Angebot für alle bieten. Hierfür gibt es barrierefreie und intelligente Lösungen, die nicht kostenintensiv sein müssen.
Gibt es gesetzliche Vorgaben, die Hoteliers kennen sollten?
Für das barrierefreie Bauen gibt es die DIN-Norm 18040-1 sowie 18040-2. Diese sind sowohl für die Hotellerie maßgeblich als auch die gesetzlichen Grundlagen meiner Arbeit.
Nicht zuletzt fordert die UN-Behindertenrechtskonvention zudem die Umsetzung von Barrierefreiheit und Inklusion in allen Bereichen des öffentlichen Lebens.
Was sind aus Ihrer Erfahrung die größten Hemmnisse bei Hoteliers, sich mit Barrierefreiheit auseinanderzusetzen?
Oft besteht bei Hoteliers eine Sorge vor zu hohen Kosten bei baulichen Veränderungen, obwohl es auch andere Möglichkeiten wie beispielsweise den Einsatz von mobilen Rampen u. ä. gibt. Ein Wissen um die Anforderungen von Menschen mit Einschränkungen und praktische Erfahrungen können Lösungen schaffen, die bezahlbar sind und die Barrierefreiheit von Hotelbetrieben ermöglichen.
Wie können Hoteliers Barrierefreiheit als echten Mehrwert kommunizieren – nach innen wie außen?
Körperliche Einschränkungen können jeden durch Krankheit oder Unfälle treffen. Weiterhin am öffentlichen Leben teilhaben zu können und auch im Familien- und Freundesverbund nicht ausgegrenzt zu werden, das ermöglicht Barrierefreiheit. Für den Bereich Reisen ist die Barrierefreiheit von Hotels ein Mehrwert. Er entspricht nicht nur den gesetzlichen Vorgaben, stärkt Inklusion in unserem Land, sondern schafft einen Wettbewerbsvorteil in der Hotellerie.
Durch Schulungen sollten Mitarbeiter der Hotelbetriebe auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft mitgenommen werden. Auf ihr Handeln im Umgang mit Gästen wird es ankommen, ob ein barrierefreies Angebot auch Akzeptanz findet und durch positive Kommunikation wirtschaftlich erfolgreich ist. Auf Webseiten und Social Media lässt sich der Mehrwert von Barrierefreiheit bestens darstellen.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Barrierefreiheit in der Hotelbranche in den nächsten Jahren?
Aufgrund des demografischen Wandels werden sich Hotelbetriebe auf ein zunehmend älteres, körperlich eingeschränktes Publikum einstellen und hier Angebote vorhalten müssen. Junge Menschen legen zudem verstärkt Wert auf Angebote, die alle Menschen einbeziehen und nachhaltig sind. Auch bei dieser Zielgruppe wird Barrierefreiheit und Inklusion eine zunehme Rolle spielen.
Was wünschen Sie sich persönlich von der Hotellerie, wenn es um inklusive Gastfreundschaft geht?
Ich wünsche mir ein offenes Zugehen auf körperlich eingeschränkte Menschen und die Bereitschaft, eine Teilhabe möglich zu machen. Hier sind es oft die kleinen Dinge und ungewöhnlichen Lösungswege, die den Aufenthalt in Hotels gelingen lassen. Reisen muss für alle Menschen möglich sein, Ausgrenzung sollte keinen Platz finden. Hierzu möchte ich mit meinem Wissen und meinen Erfahrungen beitragen.
Beratung Barrierefrei Fuchs: Webseite